Ca. 15 % des europäischen Bruttosozialprodukts werden zurzeit jährlich von öffentlichen Auftraggebern vergeben. Diese Mittel sollen möglichst effektiv, d. h., mit geringen Verfahrenskosten und einem wirtschaftlichen Ergebnis eingesetzt werden.

Die Vergabe von Planungsleistungen öffentlicher Auftraggeber unterliegt der Vergabeordnung für freiberufliche Leistungen VOF, sofern der Auftragswert den sog. Schwellenwert überschreitet - seit 01.01.2010 = 193.000 Euro netto.

Die VOF sieht vor, dass öffentliche Planungsaufträge oberhalb des vorbezeichneten Schwellenwertes europaweit - im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften - so bekannt gemacht werden müssen, dass eine möglichst große Bewerberzahl die Informationen erhält, um sich bewerben zu können.

Folgende Auswahlverfahren sind möglich:

- VOF-Verfahren ohne Planungen - Auswahl der Bewerber anhand der Bewerbungsunterlagen - Verhandlungsverfahren mit ausgewählten Bewerbern
- VOF-Verfahren mit Planungen - Auslobung eines Wettbewerbs nach GRW Saar - Bewertung der Wettbewerbsbeiträge durch Preisgericht - Festlegung einer Rangfolge - Verhandlungsverfahren mit Preisträgern

Der Zugang der Architekten zu öffentlichen Aufträgen ist häufig erschwert. Dies ist nicht etwa in einer unzureichenden Qualifikation der Architekturbüros begründet, sondern in der Handhabung der Eignungskriterien ("Fachkunde", "Leistungsfähigkeit", "Zuverlässigkeit") im öffentlichen Teilnahmewettbewerb. Bedingt durch die Struktur der deutschen Architekturbüros - 90 % haben weniger als 5 Mitarbeiter - schließen etwa geforderte Mitarbeiterzahlen von mindestens 3 fest Angestellten über einen Zeitraum von 3 Jahren und ein entsprechender Jahresumsatz im unteren 6-stelligen Bereich bereits 90 % der Leistungsträger aus. Dies bedeutet eine wesentliche Einschränkung des Wettbewerbs und einen Verzicht auf die Ressourcen an Innovationskapital, die der deutsche und europäische Markt zu bieten hat. Der Schaden für die Wettbewerbsfähigkeit kleinerer und mittelständischer Architekturbüros ist nicht hinnehmbar.

Die deutschen Architektenkammern fordern bei der Vergabe von Planungsleistungen die richtige und angemessene Anwendung der VOF ein. Wie viel Verfahrensaufwand ist angemessen und erforderlich, wie kann ein Verfahren den berechtigten Erwartungen der Bewerber und Bieter gerecht werden, wer kommt in die zweite Verfahrensstufe?

Die wesentlichsten Forderungen der Architektenkammer des Saarlandes (AKS) sind:

- Nachweise - so wenig wie möglich und so viel wie nötig
Die geforderten Nachweise sollten der jeweiligen Aufgabenstellung angemessen und nicht überzogen sein, um den Aufwand für Auftraggeber und Bewerber gering zu halten und den Zugang möglichst offen zu halten.

- Qualität als Maßstab
Qualität sollte bei allen Aspekten wie Gestaltung, Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit, Ökologie und Ästhetik der Maßstab sein, an dem sich die Bewertungen orientieren.

- Große Bandbreite an Referenzen - keine überzogenen Forderungen
Die Bandbreite der geforderten Referenzen muss so festgelegt sein, dass auch jungen und kleinen Büros der Zugang ermöglicht wird. Umsatzzahlen sind kein belastbares Qualitätsmerkmal.

- Mehrwert Architektenwettbewerb wann immer möglich nutzen
Architektenwettbewerbe sind in der VOF ausdrücklich als eine Verfahrensart innerhalb des Verhandlungsverfahrens genannt.
Durch die Auslobung eines Architektenwettbewerbes werden Bauherren in die Lage versetzt, den für die konkrete Bauaufgabe am besten geeigneten Auftragnehmer zu finden. Voraussetzung ist, dass die Aufgabe genau definiert wird, was durch eine umfassende Einbindung aller Beteiligten ermöglicht wird.
Architektenwettbewerbe sind, beginnend bei der Formulierung der Aufgabe und über die einzelnen Verfahrensschritte hinweg transparente Verfahren mit einem lösungsorientierten Ergebnis. Dabei geht es ausschließlich um die Qualität und Innovationskraft der planerischen Lösung für die jeweilige Bauaufgabe, wodurch letztlich auch eine breite Akzeptanz für die gefundene Lösung sichergestellt ist.

Weitergehende Informationen über VOF-Vergabeverfahren bietet die von der Architektenkammer Baden-Württemberg herausgegebene . Broschüre VOF-Vergabeverfahren - Leitfaden

Die Architektenkammer des Saarlandes unterstützt öffentliche Bauherren bei der Durchführung von Vergabeverfahren nach VOF.

Stand: 19.07.2011